Marén Berg: Zwei Grazien in Asien (3)

Hier gibt es sogar eine „Pool-Bar“ an der ein halbes Dutzend junger Balinesen nur darauf warten, uns die Liegen und Sonnenschirme zurecht zu rücken und uns wunderbare frisch gepresste Obstsäfte zu servieren. Wirklich luxuriös.

Nachmittags gehen wir in eins der Museen der Stadt, das ARMA, wo balinesische Malerei gezeigt wird, der wir aber nicht viel abgewinnen können – ausgenommen das Reis-Bild.

Abends gehen wir essen und zwar gleich bei uns um die Ecke in eine — Pizzeria! Wir haben den Reis gründlich satt und freuen uns, dass es hier einen echten Holzofen mit dazu gehörigem Pizzaïolo gibt. Die Pizza schmeckt wie selten eine…. wir kommen sicher wieder.

Ubud ist gerammelt voll mit meist jungen Touristen, vielen Deutschen, Holländern, Australiern und Asiaten. Oft sind es junge Pärchen, die noch keine Kinder haben und daher ihren Urlaub im September nehmen. Hier ist es sehr viel heiβer als in Sanur, am Meer. Wie gut, dass wir überall eine Klimaanlage haben, in den Restaurants – die überall offen sind – gibt es stattdessen meistens riesige Deckenventilatoren.

Wir finden die Stadt auf den ersten Anhieb weniger hübsch als Sanur und das Spazierengehen wird hier leider zur Strapaze: die Bürgersteige sehen so schlimm aus, dass man aufpassen muss wie ein Schieβhund, um nicht in ein Loch zu fallen oder über eine Schwelle zu stolpern. Wir brauchen zwischen 35 und 45 Minuten, um ins eigentliche Zentrum zu kommen und auch die Straβenbeleuchtung ist nicht überall gewährleistet…. Es gibt viele, viele Geschäfte; von Ramsch bis Design ist alles vertreten und ich finde sogar den gesuchten Silbertropfen für mich!

Was mir ganz besonders gefällt, ist der Sinn für Schönheit, den man gerne mit seiner Umgebung teilt, so zum Beispiel aus Blumenköpfchen gelegte Kreise vor seinem Geschäft. Die halten bei der Hitze natürlich höchsten einen Tag – aber hier gehen die Uhren anders und es stört niemanden.

Fast jeden Morgen sehen wir pünktlich um 8 Uhr die kleine Entenherde des Reisbauern vom Feld gegenüber und freuen uns, dass wir bei der Hitze hier nicht wie sie arbeiten müssen, sondern ein wunderbares Frühstücksbüffet mit warmen und kalten Speisen zur Verfügung haben in dem schönen Speisesaal mit Blick auf kritzegrünen Rasen und farbenprächtige Bougainvilleas. Mi isst zum ersten Mal in ihrem Leben zum Frühstück eine Frühlingsrolle – und überlebt es… Wir haben beide schon abgenommen, wohl weil wir mittags nur Obst und eine Handvoll Chips essen, das reicht uns.

Abends versuchen wir, ein übers andere Mal Bami-Goreng oder sonst ein Gericht ohne Reis zu erwischen und nach dem Essen sitzen wir auf unserer Terrasse und hören den Grillen, Fröschen und – den Geckos zu, die es nicht lassen können (leider auch nachts) jede gefangene und verschluckte Mücke mit einem lauten „GECKO“ zu kommentieren.

Wir machen einen neuen Ausflug, diesmal in einem Taxi zu sechst mit einem deutschen Pärchen und zwei jungen Frauen aus Marseille. Es geht auf einer völlig anderen Route direkt nach Norden. Das Innere der Insel ist stark bewaldet und zum Teil mit eindrucksvoll steilen Straβen versehen. Ich habe das Gefühl, dass sich die hiesigen Ingenieure nicht damit abgeben, eine Steigung am Berg durch Kurven zu mildern: es geht einfach wie in der Achterbahn steil hinauf und wieder hinunter.

Erster Halt bei dem königlichen Tempel von MENGHWI. Der sieht quasi genauso aus wie der voriger Woche und hinein darf man sowieso nicht – aber wieder ein Spaziergang in einem schönen Park.

Nun aber kommt etwas Neues, wir halten nämlich bei einer Farm, in der so ziemlich alles, was in Bali wächst, angebaut wird: Obst und Gemüse natürlich, aber auch Zitronengras und Zimt, Nelken und Vanille, Tee und vor allem der teuerste Kaffe der Welt! Der wird aus den Katzenköddeln der Zibet-Katze (Manguste) hergestellt und hat mich absolut nicht vom Hocker gerissen, obwohl man dafür in London bis zu 50 € pro Tasse bezahlen soll. Wir dürfen 2 € als „Gabe“ da lassen, und kaufen überdies gerne ein dickes Päckchen garantierte Bio-Vanillestangen, das wird eine leckere Zutat für meine zukünftige Pannacotta sein.

Zur Abwechslung fahren wir nun wieder zu einem Tempel, diesmal dem der Göttin Dewi Danu, in Bedugul, wo es aussieht wie an einem Schweizer See allerdings mit einer Moschee und dem zweitgröβten Vulkan von Bali, dem Gunung Batur, im Hintergrund. Dieser immer noch aktive Vulkan ist 2 276 Meter hoch, war jedoch einmal höher. Vor ungefähr 30 000 Jahren gab es einen gewaltigen Ausbruch, bei dem der Gunung Batur sein oberes Drittel verlor.

Nachmittags gibt es noch etwas ganz Besonderes: einen Besuch bei den „heiligen“ heiβen Schwefelquellen von Banjar und es ist ein wirkliches Vergnügen, mich in dieser schönen Umgebung mit vielen lachenden Balinesenkin-dern tummeln zu dürfen. Allerdings muss man sich erst etwas an das trübe warme Wasser und den besonderen ‚Duft‘ gewöhnen…

Übrigens sei zum Stichwort „Bad“ angemerkt, dass wir in diesem Urlaub auch von den unwirklich niedrigen Preisen für Kosmetikbehandlungen profitieren: 4 € für eine Maniküre mit Nagellack, nicht ganz 10 € für eine Gesichtsbe-handlung. Aber die Spitze ist die für schlappe fünfzehn € angebotene traditionelle Ganzkörper-Massage, eine Kombination von Akupressur, Streich- und Druckmassage mit wohlriechenden Ölen. Danach ein Peeling, gefolgt von einer Joghurt Maske und als Krönung ein einmalig schönes Bad mit Tausenden von kleinen ougainvilleablüten. Das bekamen früher nur die balinesischen Prinzessinnen, bitteschön! Und nun WIR.

Ziel des Ganzen ist das Wiederherstellen einer Harmonie auf der körperlichen sowie geistigen Ebene, ganz nach der balinesischen Philosophie. Nach den zwei Stunden, werden wir hinterher auch noch mit Tee und Mangospieβchen verwöhnt und entschweben dann regelrecht – prinzessinnengleich – ins Hotel. Wenn es doch so etwas in Paris gäbe – sogar den doppelten Preis würde ich zahlen und ein Abo nehmen!

Am Abend des nächsten Tages, den wir ruhend, lesend und schwimmend am und im Pool verbringen, steht wieder Kultur auf dem Programm, denn wir müssen natürlich auch einen der balinesischen Tempeltänze gesehen haben. Ich bin solchen folkloristischen Darbietungen gegenüber sehr kritisch, ganz egal, ob es sich um Schuhplattler oder Flamenco handelt und so lässt auch dieser hier mich sehr schnell kalt, denn bis auf das im Männerchor immer wieder kehrende kehlige „kek-kek-kek-tschack-tschack“ – daher der Name Kecak-Tanz – kann ich nur die Konzentration bewundern, mit der hier Alt und Jung, Dick und Dünn, Schön und Hässlich zusammen etwas gestalten.

Leider gibt es nur einen einzigen Scheinwerfer, so dass man mehr ahnt als sieht. Kurz vor Ende des Höhepunktes – ein Mann auf einer Art hölzernem Pferd „reitet“ mit nackten Füβen durch die von anderen Männern mit Besen ausgebreitete Glut – setzt drauβen ohne jeglichen Übergang der tropische Regen ein. Unglaublich heftig wird diese himmlische Dusche sofort die kleine Gasse, in welcher der Tempel steht, in einen regelrechten Bach verwandeln, so dass wir noch eine halbe Stunde später, des Wartens müde und mit knurrendem Magen nolens volens bis zur Wade watend die Hauptstraβe erreichen und – „Mammi Mia“ kann man dazu wirklich nur sagen! – in unsere Pizzeria flüchten.

Am nächsten Morgen ist es wieder sehr schwül und noch vor dem Aufstehen kommt der nächste Regenguss.

Natürlich schwören alle unsere netten Bediensteten, dass sowas „noch nie“ Mitte September vorgekommen sei – aber die letzten drei Tage in Ubud werden richtig unangenehm und geben uns einen Eindruck von dem, was hier als „Regenzeit“ bezeichnet wird. Es wird so scheuβlich heiβ/schwül, dass Mimis Brille sogar abends auf dem Balkon beschlägt. Brrrrr!

Zwischen zwei Regengüssen machen wir uns am nächsten Abend ins „Café Wayan“ auf, wo man ein wirklich gutes Thai-Essen bekommt (16 € zu zweit, Bitang-Bier inklusive). Nur sind leider auch hier die „Baby Potatoes“ so ‚hot‘, dass sogar die Mi Bauchgrimmen davon bekommt. Und den endlos langen Rückweg unterm Regenschirm und prasselndem Regen werde ich so schnell nicht vergessen.

Was uns auffällt, sind die wenigen Alten, die wir sehen (die meisten bleiben in der für sie sicheren Hausgemeinschaft, bzw. Groβfamilie): sie sind durchwegs sehr mager und haben höchstens drei Zahnstummel. Kein Wunder, denn wir haben in der ganzen Zeit ein einziges Zahnarztschild gesehen….Dafür aber Frauen, die an der Zementmaschine mitten in der Stadt arbeiteten, während nebenan die Männer im Café beim Bier saβen!

Heute ist hier wieder ein Feiertag. Alle Einheimischen haben Tracht angelegt und fahren zu fünft und ohne Helm auf dem Moped: Vater vorne, Mutter hinten mit Baby im Arm und dazwischen geklemmt zwei kleine oder auch gröβere Kinder.

Wir sitzen wieder im Taxi und lassen uns von Made erst einmal zu einem Geschäft mit geschnitzten Holzenten fahren – ihm verdanke ich es, dass meine besonders hübsche in Form und Farbe nun zwar kein Reisfeld aber meinen Flur bewacht.

Während wir weiterfahren zu den schönsten Reisfeldern der Umgebung, erzählt er uns sehr stolz, dass sein Auto funkelnagelneu ist. Sein Vater ist irgendwann abgehauen, die Mutter und sein älterer Bruder sind depressiv und er verdient den Unterhalt für die ganze Familie. Er hat mit einem Moped, das er vermietete angefangen und hat nun schon fünf plus das Taxi. Hut ab, junger Mann!

Made spielt uns auch seine Lieblingsmusik vor und geht sogar mit uns in ein Geschäft, um die CD zu erstehen. Ich kann verstehen, dass er Stammkunden hat und wir buchen ihn sofort für den nächsten Tag, um uns zurück nach Sanur zu fahren. Wir haben nämlich beschlossen, dort die letzten Tage zu verbringen, da wir es nirgendwo anders schöner gefunden haben.

Im Nordosten und im Norden gibt es quasi nur schwarze Sandstrände, die wir nicht schätzen und an der Westküste gehen die Wellen für Surfer zwar wunderbar hoch aber für Schwimmer sind sie viel zu gefährlich – jedes Jahr gibt es dort Tote. Im Übrigen haben wir den Rummel von Ubud satt und sehnen uns nach unserem einfachen aber so schönen Sanur (von dem selten oder gar nicht in den einschlägigen Reportagen der europäischen Presse berichtet wird, was uns nun zu Gute kommt).

Also verlassen wir Reisfelder und Wälder, wieder im Taxi mit einem Cousin vom gestrigen Fahrer, der heute verhindert war. Dieser hier ist genauso jung, lacht über Alles und Jedes und fährt nur Taxi, um die Uni zu bezahlen, denn er will – Richter werden, weil er findet, dass es zu viel Korruption in seinem Land gibt. Beeindruckend.

Auf dem Weg nach Sanur kommen wir am Schmetterlingspark vorbei und lernen auch hier etwas Neues: es ist manchmal besser, klein zu sein und relativ lange (drei Wochen) zu leben. Die wunderschönen Riesenfalter von Bali leben nämlich nur fünf Tage, während derer sie weder essen noch trinken können! Sie leben nur, um sich fortzupflanzen….

Auch der Orchideengarten nahe Sanur hat es uns angetan. Wir haben das Glück, einen reizenden jungen Mann zu erwischen, der uns – in einem fast perfekten Französisch! – die einzelnen Sorten erklärt und uns vor allem Tipps gibt, wie man eine abgeblühte Orchidee wieder zum Blühen bringt: zuerst unterhalb des abgeblühten Blütenstandes abschneiden. Sodann einen Plastiktopf „massakrieren“, das heiβt, viele längliche Löcher seitlich einschneiden. Eine dünne Baumwollschicht (z. B. Abschminkpads) unten hin-einlegen, darauf 80% Holzkohle in Bonbongröβe geschnitten geben und zum Schluss einen Spezialdünger, der sich selber langsam auflöst, wenn 1 Mal pro Woche ein wenig gegossen wird. Nun braucht man nur noch ein oder zwei Jahre Geduld…. und das ist ja nun überhaupt kein Problem für mich 🙂 !

Der junge Mann bekommt von uns – wir brauchen uns nur anzusehen und sind uns sofort einig – einen Hundertausend Rupienschein als Trinkgeld und er will es erst gar nicht glauben. Aber uns freut es, ihm ein kleines Extra zu verschaffen, denn auch er studiert. Es ist die Diskrepanz zwischen oben und unten, die uns daran hindert, diese Insel bzw. ihre Einwohner zu beneiden oder hier leben zu wollen. Einerseits wir „reichen“ Touristen, die eben mal eine Million Rupien am Automaten im Vorbeigehen ziehen können und anderseits sie, die oft gerade nur das Nötige verdienen (es gibt auch immer noch viele Frauen, die ihre Wäsche, sich selber, die Kinder, Obst und Gemüse in Flüsschen oder Bächen waschen müssen….)

Das hindert uns aber nicht daran, die letzten Tage in Sanur zu genieβen und dort am Indischen Ozean den schönsten Abend unserer Reise zu erleben.

Als wir am “lungomare“ an einem der eleganten Restaurants vorbei kommen, wird dort gerade ein riesiges Barbecue aufgebaut sowie eine Musikanlage.

Für umgerechnet zehn (!) Euro pro Person wird ein Büffet angeboten, an dem es eine wunderbare Suppe als Vorspeise gibt, jegliche Sorte von Salaten (die wir allerdings – wie auf der gesamten Reise – nicht anrühren, was uns die berühmte „Tourista“ erspart hat), 100 Gramm gegrilltes Fleisch oder Fisch mit Gemüse und sogar Bratkartoffeln, so man möchte! Dazu gibt es ein Viertele Rosé UND eine absolute Spitzenband mit einer wirklich guten Sängerin und vier tollen Musikern. Unvergesslich !

„Die Welt gehört dem, der genieβt“ habe ich irgendwo gelesen. Stimmt, denn als wir gut erholt und braunge-brannt wieder in Saint Maur eintrudeln, genehmigen wir uns mit Genuss als Allererstes einen gut ausgereiften vollmundigen —- CAMEMBERT!

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